Bendestorfer Filmateliers / Filmmuseum
1936 beschloss der Gemeinderat, einen Sportplatz in den Hang hinter dem Gasthaus „Zum Schlangenbaum“ zu graben, damit auch in Bendestorf der „Reichssportwettkampf der Hitlerjugend“ stattfinden konnte. Der Sportplatz fand bald nach dem Krieg eine ganz andere Verwendung. Im April 1945 kurz vor dem Einrücken der Engländer verschlug es den Filmproduzenten und Drehbuchautor Rolf Meyer nach Bendestorf. Politisch „unbelastet“ erhielt er als einer der ersten von den Briten eine Lizenz als Filmproduzent und gründete am 1. April 1947 seine „Junge Film-Union“.
Die erste Produktion „Menschen in Gottes Hand“ wurde noch im Tanzsaal des Gasthauses „Zum Schlangenbaum“ gedreht. Dann baute Rolf Meyer auf dem Sportplatz die Filmateliers. Das Filmdorf Bendestorf blühte auf, die Landwirte konnten Ackerland kapitalisieren und die Geschäfte liefen. Das Besucherinteresse war so groß, dass an Wochenenden ein Polizist den Verkehr auf der Dorfstraße vor den Filmateliers regeln musste. Viele Bendestorfer arbeiteten beim Film oder wirkten als Statisten mit. In der Blütezeit der „Junge Film-Union“ bis Ende 1950 waren mehr als 200 Mitarbeiter fest angestellt. Der Anfang 1951 uraufgeführte Film „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef wurde zum Skandal, nicht nur beim Klerus. Entgegen verbreiteter Meinung war es allerdings nicht die kurze Nacktszene der Hildegard Knef, gegen die sich der moralische Protest richtete, sondern die angebliche Befürwortung von wilder Ehe, Prostitution, Sterbehilfe und Selbstmord. Ganz anders die danach gedrehten Spielfilme, darunter
einige Heidefilme: Unberührte deutsche Landschaft, Wildgetier und blühende Heide, Naturburschen, die ehrlich-sauber zu lieben verstanden, so der Schriftsteller Joska Pinschovius. Insgesamt sind hier über 100 Filme gedreht worden.
2018/2019 wurden die seit dem Ende der 1940er Jahre unverändert gebliebenen Filmstudios bis auf den noch vorhandenen Rest abgerissen. Diesen Gebäudeteil hat überwiegend der Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf e.V. gekauft und für die Öffentlichkeit umgebaut, um wenigstens einen Teil der historischen Filmarchitektur vor dem Abriss zu retten. Hier befinden sich jetzt das Filmmuseum und ein weitgehend original erhaltener Kinosaal aus den 1960er Jahren, das Produzentenkino. Dort finden kulturelle Veranstaltungen statt, und u.a. werden auch die alten, in Bendestorf gedrehten Filme gezeigt.
In den Studiobetrieben Bendestorf spiegelt sich die bundesrepublikanische Film- und Fernsehgeschichte. Erste Fernsehproduktionen, wie die Familie Schölermann, Landarzt Dr. Brock, Cliff Dexter etc., wurden seit 1954 hier realisiert. Die letzte große Produktion war 2016 ein Spielfilm über Fritz Lang, den Regisseur der Filmklassiker „Metropolis” (1927) und „M“ (1931).
Neugierig geworden?
Lassen Sie sich im Bendestorfer Filmmuseum in die Glitzerwelt der laufenden
Bilder mit ihrer Technik und den Filmmusen entführen.
Ich hoffe, der historische Rundgang durch Bendestorf hat Ihnen gefallen.
Ihr Wanderführer Heiner Braband
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